Einen CD-Player selbst bauen?

CDM12 CD-Player

CDM12 CD-Player von Hifidiy.net

Als DIY-High-Ender habe ich bis dato einen Vorverstärker und einen Satz Mono-Röhren-Endstufen gebaut. Der Selbstbau von Lautsprecherboxen hat mich nie richtig interessiert, da ich  mit meinen  Audio-Physic Step II SLE wirklich sehr zufrieden bin. Irgendwie hat es mich aber gereizt auch im Bereich „Signalquellen“ etwas selbst zu bauen. Während der europäische und amerikanische Markt voll von Verstärker- und Lautsprecherbausätzen ist, sieht es bei Signalquellen wie CD-Player oder Tuner richtig mau aus. Es gibt zwar einige (Forums-)Projekte aber nichts davon hat mich vom Stuhl gehauen. Meist sind die DIY-CD-Player nur irgendwelche PC-CD-Laufwerke aufgerüstet mit einem Controller und einem Display. Als Gehäuse dienen dann Schuhschachteln, wenn man nicht gerade zufällig eine 5-Achs-Fräsmaschine im Keller stehen hat und professioneller Maschinenbauer ist. Bei meiner Recherche habe ich dann erstmal auch nur den Kit von Tentlabs entdeckt. Dieser ist zwar vollständig, d.h. mit Gehäuse und sicherlich sehr hochwertig, aber mit 2900.- Euro leider auch unbezahlbar.  Bei der weiteren Suche bin ich schließlich auf der Seite hifidiy.net gelandet. Dies ist ein chinesisches Hifi-DIY-Forum mit wirklich beeindruckenden Projekten im Bereich CD-Transport, DACs und eben auch CD-Player. Irgendwann im Zeitraum 2006 bis 2007 haben die Mitglieder einen CD-Player entwickelt und einen Kit zusammengestellt der über den Webshop von den Forumsmitgliedern gekauft werden kann. Wohl aufgrund der internationalen Nachfrage nach diesem und einigen der anderen angebotenen Kits wurde ein eigener Abschnitt in englischer Sprache eingerichtet (us.hifidiy.net). Über diese Seite ist es auch Nicht-Chinesen möglich einige der Kits zu bestellen. Leider zu einem GANZ anderen Preis, aber das ist eine andere Geschichte…

Jedenfalls haben mich die Bilder des angebotenen Kits „CDM12 CD-Player“ wirklich beeindruckt. Die Qualität der gesamten Hardware ist beeindruckend. Massives Aluminium, hochwertige Platinen und noch hochwertigere Bauteile…genau das was ich gesucht habe.

Der Preis für diesen Kit? 485$ inkl. internationalem Versand! Ich finde, das ist für die angebotene Qualität wirklich ein Schnäppchen. Wenn ich daran denke, was  in Deutschland schon ein halbwegs vernünftiges Leergehäuse kostet und dann noch aufwändig bearbeitet werden muß.

CDM12 Toplader

CDM12 Toploader-Mechanik

CDM12 Remote Control

CDM12 Remote Control und CD-Clamp

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Bestellung & Lieferung

Auf eine Kontaktmail mit einigen Fragen über Verfügbarkeit, Bezahlung und Lieferzeit erhielt ich innerhalb von einem Tag eine Antwort und so entschied ich mich schließlich den Kit zu bestellen.

Nur mit der angegebenen Lieferzeit von 6 bis 8 Wochen (!) hatte ich so meine Probleme. Deswegen habe ich per Mail angefragt, ob man dies nicht „etwas“ beschleunigen könnte. Kann man: „Für einen Aufpreis von $50 wird das Paket mit Express verschickt.“ erhielt ich umgehend als Antwort. Und da ich nicht warten wollte und der Dollarkurs auch günstig war, habe ich somit insgesamt $535 per Paypal an Hifidiy.net überwiesen.

Nach nur 5 Tagen Wartezeit hielt ich den Kit in meinen Händen! Stimmt eigentlich nicht…ich erhielt eine Karte von meinem Zollamt, das eine Lieferung aus China für mich angekommen sei und abgefertigt werden muß. Ich fuhr noch am selben Tag zum Zollamt und hatte als „Kaufnachweis“ nur einen Ausdruck meiner Paypal-Überweisung sowie Ausdrucke der Emails dabei. Ach ja, zur Einfuhr ist noch unbedingt die Zollnummer der einzuführenden Ware notwendig! Diese hatte ich zuvor auf der Webseite des deutschen Zolls www.zoll.de herausgesucht. Die Zollnummer für CD-Player (Bausätze) lautet: „8519 8135 10 0″ falls hier jemand den Kit bestellen möchte.

Auf Basis dieser Zollnummer ist ein Einfuhrzoll in Höhe von 9,5% vom Gesamtrechnungsbetrag fällig :-( Das ist verdammt viel und vermutlich sind da irgendwelche Urheberrechtsabgaben enthalten. Bei Verstärkern ist meines Wissens überhaupt kein Einfuhrzoll fällig. Auf die ganze Summe kommen dann nochmal 19% Einfuhrumsatzsteuer. Die $535 Dollar haben mein Konto mit knapp 395.- Euro belastet. Dies war die Ausgangssumme für die Berechnung der Zollgebühren, d.h. 9,5% von 395.- Euro und darauf nochmal 19% Einfuhrumsatzsteuer. Ich mußte somit nochmal knapp 120.- Euro beim Zoll abdrücken, hielt aber dann schließlich den Kit in meinen Händen!

Fazit 1: Keine Angst vor dem Zoll! Wer mit den notwendigen Papieren (Zollnummer der bestellten Ware, Paypal-, Ebay-Rechnungsausdruck o.ä.) erscheint, bekommt auch seine Ware ausgehändigt sofern diese auch eingeführt werden darf.  Einfuhrzoll und Einfuhrumsatzsteuer sind halt fällig, das muss man beim Kauf mit einkalkulieren.

Schon die Verpackung war beeindruckend! Ein ca. 10kg schwerer Karton in dem sich nochmals ein Karton als zusätzlicher Schutz befand! Alle Teile waren hervorragend einzeln verpackt. Lauter kleine Tüten, Kartons und SEHR viel Styropor und Verpackungsfolie. Mit dieser Verpackung hätte der Inhalt wohl auch einen Transport mit Yaks über den Himalaya und durch die Wüste Gobi unbeschadet überlebt (Anm. z.T. 6-8 Wochen Lieferzeit bei Standard-Versand).

Hier sind einige Bilder des gelieferten Kits:

Der aufmerksame Leser wird beim genauen Betrachten der Bilder feststellen, dass irgendwie keine Dokumentation oder ähnliches zu sehen ist? Stimmt!! Nix!! Kein Fitzelchen Papier, kein Schaltplan, keine Anleitung…einfach nix :-)

Eine Art „Anleitung“ gibt es nur auf der Webseite (CDM12-Player-Assembly-I) in Form einer Menge von Bildern und einiger kleinen Textpassagen. Von meinem Kontakt bei Hifidiy.net erhielt ich noch eine BOM (Bill-of-material/Stückliste) und den „Schaltplan“ der Mainboard-PCB und der DAC-PCB. Wie ich aber schnell feststellen mußte, haben diese Dokumente keinen Nutzen, da die BOM nicht mit den Schaltplänen und beide nicht mit den Platinen übereinstimmen :-) Also werde ich mich auf den Bestückungsaufdruck auf den PCBs und auf meine Erfahrung beschränken müssen.

Fazit 2: Dieser Kit ist definitv nichts für Anfänger mit einem „Löt-Starterset“ vom großen „C“! Hier wird schon einiges an Erfahrung und eine gute Laborausrüstung verlangt, um die Elektronik auch ohne Schaltplan sondern nur mit Fotos und selbst organisierten Datenblättern der Halbleiter funktionsfähig aufzubauen. So müssen u.a. einige SSOP-Bausteine (z.B. PCM1798 DAC) mit 0,65mm Pitch-Abstand und andere SMD-Komponenten bestückt werden. Hierfür sollte man schon die passende Ausrüstung und eine sehr ruhige Hand haben, sonst wird das nix :-)

Liebe Hobby-Bastler: Finger weg! Ihr werdet keinen Spaß damit haben…

Hier sind die Bilder der „Bauanleitung“ von der Hifidiy.net Website:

Da ich nur ungern ein Notebook an meinem Labortisch verwende um z.B. Anleitungen oder Datenblätter online durchzulesen, habe ich alle Assembly-Bilder und Texte von der Hifidiy-Webseite zusammen kopiert und daraus eine druckfähige Bauanleitung  erstellt. Ein Klick auf das Bild öffnet dieses Dokument (Größe: 7,6MByte)

CDM12-Assembly-Manual

CDM12-Assembly-Manual

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Der Zusammenbau

Im folgenden gibt’s einige Bilder und Details über den Aufbau. Wie ich bereits geschrieben habe, ist die Qualität der Bauteile überragend. Hier gibt es fast nichts zu verbessern. Fast nichts :-) Ich habe mich entschieden anstelle der mitgelieferten KOA-Widerstände die Widerstände vom Typ RN55 (Militär-Variante des CMF55) von Dale zu verwenden. Diese sind u.a. anti-magnetisch und bei DIY-High-Endern sehr beliebt. Zudem werde ich die mitgelieferten vergoldeten Chinch-Buchen durch Nextgen-Chinchbuchen von WBT und die etwas popeligen Gummifüsse des Gehäuses durch SinnOxx Absorber DAMPIX-42 ersetzen.

Remote Control

Mit dem Bau der Fernbedienung habe ich begonnen. Das Gehäuse ist ein aus dem Vollen gefrästes schwarz eloxiertes Aluminium-Prachtstück und liegt wunderbar schwer in der Hand. Keine billige Gummimatten-Tastatur sondern einzelne Mikrotaster mit schönem Druckpunkt. Das Teil ist sicherlich unkaputtbar…

Hier die Bilder:

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Display Board

Auch hier muß ein SMD-Bauteil bestückt werden. Das eigentliche Display ist eine blau leuchtende VFD-Anzeige und wird sicher klasse aussehen.

Hier die Bilder:

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DAC Board

Jetzt wird’s knifflig :-) Der DAC ist der PCM1798 (24-Bit, 192kHz Sampling) von Texas Instruments der nur im SSOP-Gehäuse erhältlich ist. Der Pitch-Abstand beträgt 0,65mm. Bevor ich diesen Chip auf das Board gelötet habe, führte ich einige Lötübungen auf alten Schrott-Speicher-Riegeln durch, damit auch ja nichts schiefgehen wird. Eine sehr guter Lötkolben, eine (Kopfband-)Lupe und eine SEHR ruhige Hand sind hier unverzichtbar. Auch bei diesem Board begeisterte mich die Qualität der Bauteile. Nichicon Muse, OS-CON und Wima Kondensatoren, vergoldete IC-Fassungen…was will man mehr :-)

Hier die Bilder:

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Mainboard

Das Mainboard beinhaltet hauptsächlich die Stromversorgung und die Elektronik für den DAC-Ausgang. Auch auf dieser Platine mußten einige SMD-Bauteile bestückt werden. Aber nach dem DAC-Board bzw. dessen SSOP-Baustein war das wirklich kein Problem mehr. Und auch auf dieser Baugruppe finden sich ausschließlich Bauteile vom feinsten…

Hier die Bilder:

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Gehäuse und Endmontage

Nachdem nun alle Baugruppen fertiggestellt waren, konnte es an den Zusammenbau des Gehäuses und den Einbau der Elektronik gehen. Die Lasereinheit VAM1202 von Philips mußte hierzu mit einem fertig konfektionierten Kabel verlötet werden. Der Einbau des Trafos bereitete keinerlei Probleme. Alle Verbindungskabel sind fertig konfektioniert und mit passenden Steckern versehen. Die Einzelteile des wirklich massiven Alugehäuses passten ebenfalls perfekt zusammen. Als einzigen kleinen Mangel bemerkte ich die relativ scharfen Kanten der Gehäuseteile. Hier ist etwas Vorsicht angesagt, sonst ist ein Heftpflaster nötig :-) Die Chinchbuchsen des Analog-Ausgangs habe ich durch wesentlich bessere (und teuerere) Chinchbuchsen der Serie NextGen von WBT ersetzt. Hierzu mußte ich lediglich die vorhandenen Bohrungen mit einem Stufenbohrer vergrößern. Und nach wenigen Stunden war dann auch diese Baustufe geschafft, der Player fertig und es konnte an die Inbetriebnahme gehen…

Hier die Bilder:

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Inbetriebnahme

Ich muß gestehen, etwas nervös war ich schon als es nach vielen Wochen (endlich) an die Inbetriebnahme ging. Mangels Testmöglichkeiten konnte ich nur hoffen, dass die empfindlichen SMD-Teile meine Lötarbeiten „überlebt“ hatten. Zudem hing auch das ESD-Damoklesschwert über meinen Kopf und ich hoffte inständig, dass ich keinen der Halbleiter mit einer elektrostatischen Ladung getötet hatte. Ich war zwar die gesamte Bauphase hindurch immer schön brav mit einem ESD-Armband geerdet, aber trotzdem gibt es da ja immer ein gewisses Restrisiko. Ich schloß also den Player an kleinen (Test-)Aktivboxen an und verband die Stromversorgung. Ein letztes Besinnen, ob ich auch alles richtig angeschlossen hatte.

Dann der Druck auf den Power-Knopf!

UND NIX !!! GAR NIX !!! Überhaupt nix. Der Player machte keinerlei Lebenszeichen :-(

Nur die beiden LEDs der Schachtbeleuchtung tauchten das Laufwerk in ein angenehmes Blau. Schei…!

Strom ist also da, sonst würden die LEDs ja nicht leuchten. Aber das Laufwerk und das Display blieben tot…

Super, dachte ich. Kein Schaltplan, kein Nix! Das wird jetzt richtig lustig!

Und so begann ich den Player wieder in seine Einzelteile zu zerlegen und nach dem Fehler zu suchen. Wie gesagt, mangels irgendwelcher Unterlagen ist das kein einfaches Unterfangen. Zuerst kontrollierte ich die Spannungen am Mainboard und auf allen anderen Platinen. Diese waren in Ordnung. Dann überprüfte ich das VFD-Display und dessen Versorgungsspannungen (-25V DC & 3V AC). Auch OK. Jetzt war die CPU am Displayboard an der Reihe. Mit meinem Scope konnte ich messen, dass der 12MHz Quarz brav vor sich hinoszillierte. Zur Überprüfung des VFD-Display-Controller besorgte ich mir bei Tante Google zuerst das dazugehörige Datenblatt. Beim durchmessen stellte ich fest, dass hier „Ruhe am Bus“ war. Der Baustein zeigte keinerlei Lebenszeichen. Die Main-CPU des Displayboards hielt den VFD-Controller im Reset-Zustand fest. Klar, dass somit nichts am Display zu sehen war. Aber war bleibt die CPU im Reset? Auch am I2C-Bus zum Laufwerksboard war Ruhe und dieser wurde von der CPU im Resetzustand gehalten. Und so ging es dann mit den Messungen einige Stunden weiter. Ich sammelte Messdaten, die ich dann meinem chinesischen Kontaktmann bei Hifidiy.net mailen wollte. Irgendwann dann nachts um halb zwei gab ich frustriert auf… Vor meinem PC blätterte ich nochmals durch das Bau-Manual und sah mir dabei die Bilder vom Display-Board nochmals genauer an. HALT! Da fehlt doch was! Und tatsächlich waren auf den Bildern zwei Widerstands-Netzerke zu sehen, die ich nicht auf meiner Platine hatte! Und jetzt ging es schnell. Wie ich schon geschrieben habe, ersetzte ich alle Widerstände durch High-End Versionen von Vishay-Dale. Und bei dieser Tauschaktion während der Sortierung der Bauteile hatte ich schlichtweg diese zwei Widerstandsnetzwerke übersehen und versehentlich in meinen Bauteilfundus befördert.  Eingelötet, angeschlossen und HURRA! Der Player funktionierte!

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Geschafft…

Am Tag nach der Inbetriebnahme, nach der Bestückung der beiden fehlenden Bauteile am Displayboard funktionierte alles bestens und fehlerfrei,  trug ich das ca. 8kg schwere Teil in mein Wohnzimmer um dieses „soundtechnisch“ auf Herz und Nieren zu testen. Hier die Komponenten meiner Hörkette:

  • CDM12 Player -Eigenbau
  • „The Preamp“ – Eigenbau
  • KT88 75W Class A Mono-Röhrenendstufen – Eigenbau
  • Audio Physic Step SLE
  • MIT Terminator 2 Chinch- und LS-Kabel
  • Stromversorgung mit Furutech-Stecker und Lapp-Kabel – Eigenbau

In den folgenden Stunden „arbeitete“ ich mich durch meine Sammlung aus audiophilen CDs von MFSL, Telarc und XRCD…

Ich hörte und staunte und nach einigen Stunden kann ich nur sagen:

Verdammt geil das Teil!

Im Ernst, dieser Player ist wirklich superklasse und jeden Euro wert. Ein sehr angenehmer warmer, harmonischer mittenbetonter Sound. Sehr detailiert und mit einer wunderbaren Auflösung. Nachdem mir mein bisheriger Player CD-67 MKII OSE von Marantz für viele Jahre treue Dienste erwiesen hat, wandert dieser jetzt definitv in meinen Hifi-Fundus. Der CDM12 ist um Welten besser. Und ich habe ihn selbst gebaut…

CDM12-CD-Player im Eigenbau

CDM12-CD-Player im Eigenbau

CDM12 - Beleuchtetes Ladefach

CDM12 - Beleuchtetes Ladefach

CDM12 - Display abgeschalten

CDM12 - Display abgeschalten

CDM12 mit Fernbedienung

CDM12 mit Fernbedienung